Amtsgericht Coesfeld, Urteil vom 3.7.2002 - 6 C 27/02

Geschäftsnummer:

- 6 C 27/02 -

Verkündet am

3.7.2002

 Amtsgericht Coesfeld

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Kläger,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Müller-Schallenberg u. Partner,
An der Schusterinsel 3, 51379 Leverkusen  

gegen

Beklagter,

 Prozessbevollmächtigte:

 hat das Amtsgericht Coesfeld

auf die mündliche Verhandlung vom 3.7.2002

durch den Richter am Amtsgericht Damhorst

für Recht erkannt:

 

Es wird festgestellt, dass dem Beklagten gegen den Kläger aufgrund der jagdlichen Aktivitäten vom 12.01.2002 keine Schadensersatzansprüche zustehen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf bis zum 600 EUR festgesetzt.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

  

T a t b e s t a n d

Der Beklagte betreibt einen Reiterhof, der innerhalb des gemeinschaftlichen Jagdbezirks … liegt, den der Kläger als Jagdausübungsberechtigter zur Jagdausübung angepachtet hat.

Am 10.01.2002 informierte der Jagdaufseher des Klägers den Beklagten darüber, dass am Samstag, den 12.01.2002 die Jagd auch rund um den Hof des Beklagten durchgeführt werden.

Die Jagd wurde tatsächlich am 12.01.2002 um 11.20 Uhr begonnen.

Der Beklagte behauptet seit Durchführung der Jagd durchgehend, dass ihm Schadensersatzansprüche gegen den Kläger aufgrund der Durchführung der Jagd zustehen würden.

Der Kläger ist der Ansicht, dass dem Beklagten gegen ihn keine Schadensersatzansprüche aus der Jagd vom 12.01.2002 zustehen. Der Beklagte sei frühzeitig über das bevorstehende Jagdereignis informiert worden. Als die Jagdgesellschaft am 12.01. gegen 10.30 Uhr vor Ort erschienen sei, habe man festgestellt, dass der Beklagte mehrere Pferde noch nicht in die Stallungen hereingeholt habe. Ihm sei sodann mitgeteilt worden, dass man ihm noch eine halbe Stunde Zeit geben und nach 11.00 Uhr, spätestens jedoch 11.30 Uhr mit der Jagd beginnen werde.

Der Beklagte habe demnach augrund der bereits am 10.01.2002 erhaltenen Information insgesamt genügend Zeit gehabt, sich auf das Stattfinden der Jagd einzurichten. Selbst wenn, was jedoch bestritten werde, Verletzungen bei irgendwelchen Pferden des Beklagten eingetreten seien, so sei eine Verantwortlichkeit des Klägers nicht gegeben.

 

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass dem Beklagten gegen ihn aufgrund der jagdlichen Aktivitäten vom 12.01.2001 keine Schadensersatzansprüche zustehen.

 

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

 Der Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe die ihm obliegenden Sorgfaltpflichten im Rahmen der Jagdausübung nicht beachtet. Der Kläger habe ohne Rücksicht auf die noch außerhalb der Stallungen befindlichen Pferde um 11.20 Uhr mit der Jagd begonnen. Während seine Mitarbeiterin das letzte Pferd zur Stallung geleitet habe, seien aus der Jagdgesellschaft die ersten Schüsse in unmittelbarer Nähe der Stall- und Hofgebäude abgegeben worden. Da die Pferde durch … mit großer Eile in de Stallungen hätten gebracht werden müssen, seien sie sehr unruhig gewesen. Die Pferde hätten um sich getreten, wobei es zur Verletzung der Pferde … und … gekommen sei. Diese hätten so genannte Myopathien und Prellungen davongetragen. Das Pferd … habe sich  - entgegen dem früheren Sachvortrag – nicht verletzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 03.07.2002 verwiesen.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist gemäß § 256 ZPO zulässig und auch materiell begründet.

Da sich der Beklagte dauerhaft bestehender Schadensersatzansprüche gegen en Kläger berühmt hat, besteht ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 ZPO, bei dem der Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Feststellung des Nichtbestehens hat.

Diese Feststellung begehrt er auch zu Recht.

Denn ein allein aus Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Betracht kommender Schadensersatzanspruch des Beklagten liegt nicht vor.

Zwar hatte der Kläger als Jagdausübungsberechtigter und Veranstalter der Gesellschaftsjagd vom 12.01.2002 geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Dritte vor vorhersehbaren Gefahren durch die geschaffene Gefahrenquelle zu schützen. Im konkreten Fall hatte der Kläger jedoch seiner Pflicht genügt, in dem er dem Beklagten zwei Tage vor der Jagd über deren Stattfinden informiert hat. Mittlerweile ist unstreitig, dass nach dieser Information die Jagd um “ca. 10.30 Uhr” bzw. “ab 10.30  Uhr” stattfinden sollte. Der Kläger hat damit seiner Verkehrssicherungspflicht genügt, zumal der Beklagte sogar bis 11.20 Uhr Zeit hatte, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Tatsächlich war zu dieser Zeit nach dem eigenen Vortrag des Beklagten auf Seite 5 des Schriftsatzes vom 07.05.2002 die Mitarbeiterin damit beschäftigt, das letzte draußen stehende Pferd in die Stallungen zu bringen. Festzustellen ist daher im Ergebnis, dass der Beklagte seit dem 10.01.2002 und insbesondere am Morgen vor der Jagd noch genügend Zeit hatte, seine Pferde in Sicherheit zu bringen. Dass dies nach seinem Vortrag angeblich nicht gelungen ist, stellt ein eigenes Versäumnis  des Beklagten dar, das – für den Fall der Annahme einer Pflichtverletzung des Klägers – jedenfalls ein so gravierendes eigenes Verschulden darstellt, das eine Verantwortlichkeit des Klägers letztendlich nicht ins Gewicht fällt. Dem steht auch nicht entgegen, dass – sofern der Beklagte dies mit seinem auch in diesem Zusammenhang wenig klaren Vortrag gemeint haben soll – die Jagd tatsächlich erst um 11.20 Uhr statt um 10.30 Uhr begonnen hat. Diese Zeitverzögerung ist nicht so erheblich, dass der Beklagte um 11.20 Uhr schon nicht mehr mit der Ausübung der Jagd rechnen müssen.

Zudem kommt ein Schadensersatzanspruch auch deshalb nicht in Betracht, da ein ausreichend substantiierter Vortrag des Beklagten zu dem angeblichen Hergang, der Kausalität für die angeblichen Verletzungen sowie zu dem eingetretenen Schaden auch nach Ablauf von fast einem halben Jahr seit dem Ergebnis nicht erfolgt ist. Nachdem anfänglich die Verletzung von drei Pferden behauptet worden war, soll es sich nunmehr nur noch um zwei verletzte Pferde handeln, wobei trotz entsprechender Aufforderung durch die Klägerseite und Erörterung im Termin keine Konkretisierung des angeblich eingetretenen Schadens vorgenommen worden ist. Der von dem Kläger bestrittene Schaden ist weder durch die Angabe bestimmter und ohne weiteres bestimmbarer Aufwendungen konkretisiert, noch etwa durch die Vorlage einer Arztrechnung belegt worden. Auch ist schon der Vortrag des Beklagten zum Hergang widersprüchlich, da er mal ausführt, Pferde hätten sich für den Kläger wahrnehmbar noch auf der Koppel befunden, an anderer Stelle aber ausführt, die Mitarbeiterin habe das letzte draußen befindliche Pferd in den Stall gebracht, als die ersten Schüsse gefallen seien.

Nach alledem sind Schadensersatzansprüche des Beklagten nicht feststellbar, so dass der Klage stattzugeben war.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91,708 Nr. 11, 713 ZPO.

Der Streitwert war wie aus dem Tenor ersichtlich festzusetzen. Zwar war seitens des Klägers der Gegenstandswert vorläufig mit 4.000,00 EUR wegen möglicherweise beanspruchter Tierarztkosten angesetzt worden. Da seitens des Beklagten nachvollziehbar lediglich ein Ansatz von Tierarztkosten in Höhe von angeblich “ca. 300,00 EUR” erfolgt ist, war von einem Streitwert von bis zu 600,00 EUR auszugehen.

Die Berufung war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat.

 Damhorst